Der Ötztaler Bergmeister

Bergsprint mit Streetstepper Wertung

Der Ötztaler Bergmeister ist ein Straßen-Radrennen, genauer gesagt ein Einzelzeitfahren über 520 Höhenmeter und 6,5km Strecke, welches dieses Jahr am 27. Juli in Längenfeld/Ötztal stattfand. Das Besondere daran ist die 2014 eingeführte eigene Streetstepper Wertung. Ich bedanke mich herzlich beim Streetstepper Konstrukteur und Erfinder, der dieses Streetstepper-Rennen überhaupt möglich gemacht hatte, dort persönlich anwesend war und selbst mit dem Stepper startete (übrigens genau wie der Chef des Fortuna Längenfeld), und es sich auch nicht nehmen liess, uns anschliessend noch zum Essen einzuladen. Wow. Das war Klasse.

Streetstepper RS20 ready to race
Streetstepper RS20 ready to race

Mein Rennverlauf

Regen war vorausgesagt, aber während des Starts und des Rennens blieb es trocken. Jede Minute verliess ein Fahrer die Startrampe. Als Nummer 4 musste ich nach meinen Aufwärmfahrten dann nicht lange warten, bis ich die Rampe hinunterrollen konnte, um die ersten Kehren in Angriff zu nehmen.

Überraschend schnell nach meinem Start tauchte dann die Nummer drei vor mir auf: anfeuern und vorbei. Sowas motiviert natürlich, andererseits ermahnt es zu Disziplin. Ich bin kein Sprinter, dafür übergewichtig, und somit sind die Voraussetzungen bei mir keineswegs optimal, wenngleich ich in meiner Rennradzeit vor 20 Jahren – damals ohne das leidige Übergewicht – praktisch ein reiner Bergfahrer war.

Ja, und die gerechte Vollstreckung nahte bereits in Form des als Nummer 8 gestarteten Berglauf-WM-Teilnehmers Simon Lechleitner mit federleichtem Schritt und fast doppelter Geschwindigkeit von hinten. Ein „Wow“ von mir, und weg war er. Eine kurze Gerade hatte ihm gereicht, aus meiner Sicht zu verschwinden. Ich hingegen war zurück am Boden der Tatsachen. Insgesamt hat er mir bei diesem Rennen 11:40 Minuten abgenommen. Da kann man jetzt sagen, das ist ok: ein Weltklasse-Bergläufer ohne nennenswerte Körpermasse gegen einen uralten und im Vergleich vollkommen unsportlichen „Breiten“-sportler. Aber diese Ausreden nützen nichts. Er war einfach viel viel schneller und besser.

Aber das Rennen war ja noch nicht vorbei.

Nach einem Drittel des Rennens musste ich dann mal etwas drosseln und begann zu haushalten. Und dann passierten zwei Dinge: ich sah zum einen auf einer Geraden die weiteren beiden Fahrer vor mir, tendenziell uneinholbar und mit wechselndem Tempo unterwegs, wohingegen hinter mir die Startnummer 5 aus Italien aufzulaufen begann, und soweit man das sagen konnte, dabei ganz easy einhersteppte und ziemlich entspannt wirkte. Wir hatten vor dem Rennen gemeinsam Kaffee getrunken und uns total nett unterhalten, und natürlich war aufgrund des hoch sportlichen Körperbaus klar, dass Ivano nicht zum Verlieren bei diesem Rennen war, insbesondere als Gardasee-Anwohner. Dass er allerdings ausgerechnet auch noch ein trainierter Bergläufer war, hatte ich nicht rechtzeitig begriffen oder erfragt, und so lernte ich es eben jetzt, direkt beim Rennen. Dass er das alte Streetstepper Sport Modell im Serienzustand fährt, was definitiv ein messbarer Nachteil gegenüber meinem „getuneten“ RS20 ist, konnte ich in dieser Situation nurmehr als Ironie des Schicksals begreifen.

Ja gut, also unter meinen geächzten Gratulationen zog er wenig später mit freundlichen aufmunternden Worten an mir vorbei, nahm praktischerweise auf den nächsten drei Geraden meine Vordermänner auch gleich mit, an die ich gar nicht rankam und entschwand im romantischen Nebel des regenfeuchten Bergwaldes. Insgesamt holte er knapp 3 Minuten auf mich raus. Tja. Wer kann, der kann.

Aber das Rennen war noch nicht vorbei. Wir befanden uns etwa bei der halben Distanz. Gelegentliche Blicke nach hinten brachten nun zwar keine Streetstepper mehr ins Blickfeld, aber sehr wohl die superschnelle Rennrad Damenelite, deren Starterinnen gewissermassen mit Überschallknall vorbeikamen. Gut, damit kann man als Stepperfahrer leben.

Und langsam wurde es für mich nun wieder erfreulicher, denn je länger die Steigung sich zog, desto klarer wurde mir, daß ich mein Tempo würde halten können, auch wenn ich den Abstand nach vorne nicht verkleinern konnte.

Ich brauche immer etwas Zeit, bis sich das nötige Gefühl für die eigene Leistungsfähigkeit einstellt. Bis dahin muß ich eigentlich sehr vorsichtig sein. Das Risiko einer anfänglichen Fehleinschätzung ist hoch, was im Extremfall zu einer kreislaufbedingten schnellen Aufgabe führen kann. Bei einer morgendlichen Glocknertour vor vielen Jahren war mir sowas unnötigerweise nach wenigen hundert Höhenmetern passiert.
Nur ist es andererseits auch irrsinnig schwierig, bei einem Kurzstreckenrennen wie dem Bergmeister vorsichtig und abwartend zu beginnen. Wahrscheinlich wäre ein längeres Aufwärmen vor dem Sprint hilfreich, aber man will sich natürlich nicht sinnlos verausgaben.

Sobald sich das Körpergefühl dann einzustellen beginnt, bekomme ich die Kontrolle über meinen weiteren Rennverlauf und kann es mir selbst als „langsamer“ Breitensportler ganz gut einteilen, wie weit ich gehen kann, denn grundsätzlich ist ausreichend viel Erfahrung mit der Befahrung langer Steigungen vorhanden.

Im oberen Ort angekommen suchte man das Ziel, aber da kam einfach keines. Stattdessen ging es dann scharf links weiter bergan, und es folgte noch eine Rampe, eine Kehre und schliesslich eine richtig lange steile Rampe. und ganz oben konnte man dann etwas Blaues erkennen: den Zielbogen. So frustrierend dieser letzte Ausblick auch war, er geriet mir zum Vorteil, denn ich blieb am Gas, wohingegen die beiden Vorstarter offenbar nun etwas einbrachen. Nach der besagten Kehre hatte ich sie, langsam aber sicher, und konnte so den dritten Platz ungefährdet einfahren. Die beiden Fahrer waren mit stollenbereiften MTS26 Streetsteppern unterwegs, hatten also gegenüber meinem RS20 auf schmalen Rennreifen einen klaren Nachteil. Das sollte nicht unerwähnt bleiben.

Die Organisatoren leisteten meiner Bitte bei der Zieldurchfahrt, die Zeitnehmung für mich nun abzudrehen, in sehr entgegenkommender kooperativer Weise Folge. Auch die anfeuernden Zuschauer am letzten langen Steilstück waren ganz locker und freundlich geblieben, als ich sie beim Vorbeifahren zwischen den Zähnen keuchend und pfeifend darauf hinwies, dass es meiner Meinung nach gar nicht nötig gewesen wäre, diese Rampe hier her zu bauen.

Rampe Winnebach, Ötztaler Bergmeister
Rampe Winnebach, Ötztaler Bergmeister

Sei es wie es sei, ich war oben. Schnell wurde es kalt im schweissnassen Zeug. Wir fuhren die letzten Rampen wieder runter zum Hot Chili Bus, der netterweise unsere Sachen hochgebracht hatte (vielen Dank, Herr Doll!) und hauten uns ins Lokal zum Essen und zur Siegerehrung. Dies zog sich in die Länge, auch dank der superinteressanten Gespräche mit Hr.Buchberger, dem Streetstepper Macher höchstpersönlich, der sich zu uns gesellte, und natürlich Racer Ivano, der mich so nett wie elegant und locker geschnupft hatte.

Während der Siegerehrung kam der Regen, und bei der Abfahrt nach Längenfeld wurden wir patschnass bis auf die Haut. Beim Auto konnte ich mich zum Glück ein weiteres Mal umziehen, um dann die lange Heimfahrt anzutreten. Diese Veranstaltung hat viel Spaß gemacht, obwohl ich kein Sprinter bin und eigentlich eher längere Runden bevorzuge. Und es war mal wieder absolut super, die Leute, mit denen man bis dahin nur per Mail, social Network oder Telefon zu tun hatte wirklich zu treffen.

Data Recording

Hier findet man die Smartphoneaufzeichnung mit Karte, Profil, Herzfrequenz und Fahrdaten in meinem Trainingstagebuch-Konto. Unter dem Link Details gibt es einen interaktiven Report.

Weitere Links zum Rennen

Weitere Fotos vom Bewerb

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Vize Streetstepper Bergmeister Ivano: liess mir nicht den Hauch einer Chance
Streetstepper RS20 Prototyp 2015
Streetstepper RS20 Prototyprahmen 2015
Drei Streetstepper-Modelle: MTS26, Sport, RS20
Drei Streetstepper-Modelle: MTS26, Sport, RS20
Mr.Streetstepper in Bildmitte
Der Erfinder und Konstrukteur des Streetsteppers inmitten der Streetstepper-Wertungs Podestplätze

Mein Streetstepper RS20 hat inzwischen etwa 1000km Fahrleistung: dieses Rennen, eine Glocknerbefahrung, sowie zahlreiche hügelige Runden in meiner Gegend mit Steigungen bis hin zu 19%. Der RS20 motiviert unglaublich zum Fahren und wird insofern auch nicht geschont. Er verdrängt die anderen Fahrräder in noch höherem Masse, als es der vormalige Streetstepper Sport konnte, welcher dem RS20 nicht ganz ebenbürtig war.
Zeit für ein erstes Fazit zum Material: Daumen hoch! Der neue Antrieb ist robust und leistungsfähig. Der RS20 ist ein wunderbares motivierendes Trainingsgerät, das reichlich Fahrgenuß beim Training bietet.

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